Gothic Testbericht 
      Lange erwartet und erhofft, meldete sich das Erstlingswerk Gothic der deutschen Entwickler Piranha Bytes endlich zum Test in unserer Redaktion. In vielen Meldungen wurde Gothic schon lange vor dem Erscheinen mit Vorschußlorbeeren beglückt. Wir  haben die Rollenspiel-Hoffnung unserem Test-Marathon unterzogen und  sagen Ihnen, ob wir dabei auf dem Zahnfleisch oder mit offenem Mund  unterwegs waren.
          
                  Die Geschichte 
        
        In der Fantasy-Welt des  Königreichs Myrtana herrschte lange Zeit Wohlstand, Zufriedenheit und  Sicherheit. Doch das sorglose Leben der eigenen Untertanen rief  neidische Nachbarn auf den Plan. Es folgte ein erbitterter Krieg mit  dem benachbarten Reich Varant, der letztendlich nur durch die Besetzung  des feindlichen Reichs durch König Rhotbars Armee und der Ernennung  neuer Stadthalter zu gewinnen war. Nach erbitterten, verlustreichen  Kämpfen stand am Ende der Sieg. Doch um welchen Preis?
Der folgende Winter war  für das Volk Myrtanas geprägt von Hunger, Entbehrungen und  Verzweiflung. Im darauf folgenden Winter verstarb Myrtanas König  Rhotbar, gezeichnet von den Schlachten und völlig entkräftet. Sein  Sohn, Rhotbar der Zweite, trat ein schweres Erbe an.
Zu allem Unglück bahnte  sich bereits der nächste Konflikt an. Statt sich um den Wiederaufbau  des Reichs kümmern zu können, sah sich Rhotbar der Zweite nun den  einzigen verbliebenen Feinden des einst mächtigen Reichs gegenüber, den  Orks.
Die Orks standen der durch  den letzten Krieg noch immer geschwächten Armee Myrtanas zahlen- und  kräftemäßig weit überlegen gegenüber. Zudem kündigten sich Probleme in  den Minen des Reichs an, in denen das für Rüstungen und Waffen so  wichtige Erz abgebaut wurde.
In Zeiten des Krieges  wurde jeder, der sich eines noch so kleinen Verbrechens schuldig  gemacht hatte, zur Arbeit in den Minen gezwungen. In genau diesen Minen  sorgten nun Diebe und Deserteure für eine wachsende Zahl von flüchtigen  Minenarbeitern und eine weitere Verknappung des wichtigen Erzes. Vor  allem der verminderte Erzabbau in der Minen-Stadt Khorinis macht dem  König zu schaffen, denn dort wurde ein besonders kostbares magisches  Erz abgebaut. Aus diesem Erz ließen sich von fachkundiger Hand  unzerstörbare Schwerter herstellen, denen keine Rüstung widerstehen  kann. Nachdem König Rhotbar dem Zweiten diese mißliche Lage bewußt  wurde, rief er die zwölf mächtigsten Magier des Landes zu sich, sechs  vom Kreis des Wassers und sechs vom Kreis des Feuers. Nachdem man sich  ausgiebig beraten hatte, entschloß man sich, um diese wichtige  Minen-Stadt eine magische Kuppel zu errichten, die alles Leben hinein  aber nicht wieder hinaus ließ. Nur tote Materie sollte die Kuppel in  beide Richtungen passieren können.
 
 Doch bei der magischen  Formel stimmte etwas nicht. Nachdem die zwölf Magier all Ihre Kraft  vereint und den Zauber ausgesprochen hatten, wuchs eine Kuppel, viel  größer als berechnet, die auch die Zauberer selbst einschloß. Die  Gefangenen erkannten ihre Lage und wurden vom späteren Erz-Baron Gomez  zu einer Revolte gegen die Wachen angeführt. Gomez gründete zusammen  mit den stärksten Gefangenen innerhalb der Kuppel das Alte Lager und  ließ sich seine Erzlieferungen von König Rhotbar dem Zweiten von mal zu  mal besser bezahlen.
 
 Doch nicht alle Gefangenen  wollten weiterhin für den König arbeiten. So kam es, dass Lee die  Magier des Wassers und einige Minenarbeiter überzeugen konnte, ihm in  das Neue Lager zu folgen und fortan an einem Weg aus der Kuppel zu  forschen.
 
 Eine weitere Gruppe um  Y`Berion, dem Erleuteten, zog sich in die Sümpfe zurück, gründete das  Sumpflager und lebte vom Anbau und Handel mit Sumpfkraut.
 
 Im Spiel angekommen
 
 In dieser Welt landet  unser Protagonist nun als frisch verurteilter Sträfling. Nach einem  eher unfreundlichen Empfang durch Diego, einem mächtigen Mann des Alten  Lagers, macht er sich auch gleich auf den Weg. Im Gepäck befindet sich  nämlich ein wichtiger Brief an den obersten Feuermagier des Alten  Lagers.
 
 Doch selbst der Weg zum  Alten Lager birgt anfangs bereits genug Gefahren. Nur mit einer  Spitzhacke und einem rostigen Schwert ausgerüstet, sind selbst die  schwachen Scavenger (vogelähnliche Wesen mit spitzen Schnäbeln), eher  eine Gefahr als eine willkommene Mahlzeit für unseren Abenteurer. So  bleibt anfangs nur, die Beine in die Hand zu nehmen und sich in eines  der drei Lager zu retten.
 
 Handlungsfreiheit
 
 Der Spieler startet im  Spiel zunächst als Mensch ohne besondere Fähigkeiten. Völlig ohne  vorherige Charakter-Generierung und ohne bestimmte Regeln, baut er die  Fähigkeiten seines Helden auf der Suche nach einem Weg aus der  magischen Kuppel nach eigenem Ermessen aus.
 
 Jegliche Änderung an  der Ausrüstung wird sofort visualisiert - d.h. getragene Waffen und  Rüstungen sind auf den ersten Blick sichtbar.
 
 Die weitläufige  Kolonie ist zu Beginn zwar komplett begehbar, aber größere  Monsterhorden in einigen Abschnitten verlangen nach dem erfahrenen  Abenteurer und hindern Newbies z.B. an dem vorzeitigen Rumschnüffeln in  Ork-Gebieten oder den weitläufigen Dungeons des Spiels.
 
 Nachdem  man sich in den Lagern umgesehen hat, merkt man schnell, dass es um den  Respekt der anderen vor einem selbst nicht besonders bestellt ist.  Während einige der mehr als 250 NPCs wie unbedeutende Minenarbeiter im  Multiple-Choice Verfahren meistens nur standardmäßig befragt werden  können, bieten namhafte NPCs eine Vielzahl von Gesprächsmöglichkeiten.  Alle NPCs vereinen aber aber zwei Eigenschaften: Ein Gedächtnis und die  Gier nach Erz!
 
 So sind die Gespräche sowohl von der  Gruppenzugehörigkeit als auch von früheren Handlungen des Spielers  innerhalb der Kolonie abhängig. Hat man etwa Schutzgeldzahlungen zu  einem früheren Zeitpunkt abgelehnt, wird der Schutzgeldeintreiber der  "zahlenden Kundschaft" in Zukunft den eigenen Anteil zusätzlich  abknöpfen und sie somit gegen einen selbst aufbringen. Legt man  Streitigkeiten friedlich bei, werden einem die ehemaligen Kontrahenten  mitsamt ihren Freunden evtl. zu einem späteren Zeitpunkt hilfreich zur  Seite stehen. Verschont man einen unterlegenen Gegner, ist er einem  wahrscheinlich bis ans Ende seiner Tage dankbar oder schmiedet mit  Euren anderen Feinden zusammen Pläne für den nächsten Hinterhalt.
 
 Sollte  irgendwann der Tod eines anderen unwiderruflich auf dem Plan stehen,  sollte man sich dazu eine ruhige Ecke suchen. Wird man dabei  beobachtet, hat man die Freunde des Getöteten am Hals. Aber wo keine  Zeugen, da auch keine Fragen...
 
 Besonders das Eigenleben der  NPCs wusste im Test zu beeindrucken. Jeder von ihnen hat einen eigenen  Tagesablauf und wird tagsüber arbeiten, abends feiern und sich nachts  zum Schlafen hinlegen. Sollte ein NPC über eine bessere umherliegende  Waffe stolpern, wird er sie aufheben und fortan selbst nutzen. Auch die  Monster und Tiere der Kolonie haben feste Tagesabläufe und  Charaktereigenschaften. Manche von ihnen verhalten sich nur offensiv,  wenn sie sich bedroht fühlen. Andere treiben sich ausschließlich in  großen Rudeln durch die Gegend und greifen alles an, was irgendwie  appetitlich aussieht. Weiß man um deren Verhalten, ist es möglich,  eventuelle Verfolger in deren Klauen oder offene Mäuler laufen zu  lassen... Die Welt von Gothic lebt!
 
 Nur durch das  Bestehen von einzelnen Prüfungen innerhalb der Lager kann man sich den  Respekt und das Wohlwollen der einflußreichen Personen in den Lagern  sichern und schließlich in eines davon aufgenommen werden. Dem Spieler  bleibt es dabei vorbehalten, sich für eine Zukunft innerhalb der  Kolonie als Krieger, Zauberer, Psioniker oder Dieb zu entscheiden oder  eine Mischung aus diesen Fähigkeiten zu erlernen.
 
 Hat man in  einem Lager genug hochrangige Entscheidungsträger überzeugt, wird man  in deren engeren Kreis aufgenommen. Die Zugehörigkeit zu einem  bestimmten Lager hat später wesentlichen Einfluß auf den Verlauf der  einzelnen Quests innerhalb der sechs Kapitel und gibt den Spielverlauf  nur in groben Zügen vor.
 
 Charakterentwicklung
 
 Sowie man durch die  Erfüllung einiger Aufgaben und der Jagd erste Erfahrungspunkte und  Level-Ups erworben hat, lassen sich diese auch gleich bei  entsprechenden Lehrern in neue Fähigkeiten ummünzen.Wer zum Beispiel  die Tier-Verwertung beherrscht, kann Felle und Klauen derselben beim  Händler gegen Erz, Heilkräuter, Nahrung oder bessere Ausrüstung  eintauschen. Im Spiel finden sich aber die wertvollsten Gegenstände und  Waffen stets in den Händen von mächtigen Gegnern oder hinter  verschlossenen Türen.
 
 Auch Diebestalente, wie Taschendiebstahl  oder das Schlösser-knacken, wirken sich im weiteren Spielverlauf  unterschiedlich aus. Wer den passenden Schlüssel gerade nicht zur Hand  hat, kann das Schloss entweder mit dem Dietrich knacken oder gleich die  ganze Tür aus den Angeln treten.
 
 Der Krieger lernt den Umgang  mit verschiedensten Waffengattungen wie Schwertern, Armbrüsten, Kurz-  und Langbögen oder wertet seine Geschicklichkeit oder Stärke auf.
 
 Ist  ein Zauberspruch und Mana in ausreichender Menge vorhanden, darf  gezaubert werden. Sucht sich der Magier während der das Spiel  dominierenden Kämpfe abseits der Gruppe eine ruhige Ecke, kann er in  aller Ruhe seine Sprüche "aufladen" und damit deren Wirkung verlängern.
 
 Steuerung
 
 Anfangs noch ungewohnt und  umständlich, werden sämtliche Aktionen fast ausschließlich durch  Tastenkombinationen gesteuert. Sowohl sämtliche Bewegungunen des  Protagonisten als auch Verwaltung und Handel mit dem Inventar und die  Steuerung der Gespräche lassen sich damit aber nach längerer  Einarbeitungszeit recht gut handhaben.
 
 Einzig die Steuerung des  Blickwinkels und einige primäre Aktionen können, wie aus diversen  3D-Shootern bekannt, wahlweise auch komfortabel mit der Maus gesteuert  werden.
 
 Lediglich das Aufrufen von Waffen oder Zaubersprüchen  mitten in Kämpfen führt ziemlich unweigerlich zu Knoten in den Fingern  und einer Menge Frust, wenn die Kämpfe im entscheidenden Moment an der  hakeligen Steuerung scheitern. Objektiv gesehen sind solche Situationen  aber eher selten und beeinflussen den Spielspass nur unwesentlich.
 
 Obwohl die Welt von Gothic genügend einprägsame Details bietet, ist es im Spiel auch möglich, Karten zu finden oder zu kaufen.
 
 Selbst nach dem Update auf Version 1.07c braucht es mitunter halbe Ewigkeiten, einen der maximal 15 gesicherten  Spielständen zu laden. Ladezeiten im Minutenbereich werden somit bei  den meisten Spielern ohne High-End Hardware leider keine Seltenheit  sein.
 
 Immerhin sichert der enorme Umfang der gespeicherten  Spielstände aber eine Kompatibilität mit folgenden Versionen des  Spiels. Zumindest wenn man den Piranhas Glauben schenken darf...
 
 Technisches
 
			  
			    
			      | Infobox | 
			     
			    
			      | Hersteller: | 
				    Piranha Bytes  | 
			     
			    
			      | Tester: | 
				    Volker Breetzke  | 
			     
			    
			      | USK: | 
				    ab 16 Jahre  | 
			     
			    
			      | Minimum: | 
				    PIII / Athlon 500, 128 MB RAM, Grafikkarte mit 16 MB RAM, Soundkarte | 
			     
			    
			      | Empfohlen:  | 
				    PIII / Athlon 1 GHz oder schneller, 256 MB RAM, GeForce Grafikkarte mit 32 MB oder gar 64 MB RAM, Soundkarte, Wheel Mouse | 
			     
		       
	   | 
 Obwohl sich die  Grafikdetails und Auflösungen von ganz unten ab 640x480 in 16-Bit mit  wenigen Details bis auf 1600x1200 in 32 Bit mit voller Sichtweite und  Renderdetails einstellen lassen, ist eine Grafikkarte mit 
GeForce Chipsatz zum flüssigen Spielen klar von Vorteil. Da die Entwickler Dank  T&L für die Darstellung der extrem detaillierten Landschaften,  Dungeons und der tollen Lichteffekte aus dem Vollen schöpfen konnten,  empfiehlt sich schon alleine für gute Performance eine solche Karte.  Der umwerfend simulierte Wechsel der Tageszeit und die ständigen  Wetter-Wechsel tun ihr übriges, um dem freundlichen Computer-Händler  des Vertrauens zu Umsatz zu verhelfen.
 
 Die Alternative 
ATI-Radeon leidet momentan noch an den für 
ATI typischen verbuggten Treibern, die in der Vergangenheit auch schon Games wie 
Giants nahezu unspielbar machten. Den Besitzern älterer 
3dfx-Karten bleiben hardwarebedingt höhere Auflösungen und Detailstufen ebenso  verwehrt. Zudem werden 3dfx User momentan noch von Problemen bei der  Darstellung der Schriftsätze heimgesucht.
 
 Musik und SFX sind  aller Kritik erhaben und passen atmosphärisch stets zur Handlung und  der Umgebung. Wer ein Ticket zum alten Lager hat, bekommt dort an einer  Stelle des Spiels noch den Gastauftritt der Band: "Extremo" geboten 8-).
 
 
Warum keine Multiplayer-Option?
 
 
			  
			    
			      | Bewertung | 
			     
			    
			      | Grafik: | 
				    9/10  | 
			     
			    
			      | Sound: | 
				    9/10  | 
			     
			    
			      | Bedienung: | 
				    8/10  | 
			     
			    
			      | Spieltiefe: | 
				    9/10  | 
			     
			    
                  | Multiplayer: (nicht getestet)  | 
			      0/10  | 
		         
			    
			      | Gesamt: | 
				    92 %   | 
			     
		       
	   | 
 Wer sich noch an einige verweifelte 
Diablo II-Sessions  auf der Suche nach dem Horadrim-Würfel erinnern kann, weiss warum. Die  unheimlich komplexe Handlungsverzweigung ließe sich Online  wahrscheinlich kaum in geregelte Bahnen bringen. Während der eine  Spieler schon einen Großteil der Quests gelöst hätte, müssten alle  anderen gleichzeitig noch in der Lage sein, sie auf verschiedenen Wegen  zu lösen...
 
 Zwar hat 
Ultima Online bewiesen, dass so etwas möglich ist, aber 
EA/
Origin und die 
Piranhas spielen beim Entwicklungsbudget sicherlich in zwei verschiedenen Welten. Zudem wurde die Entwicklung von 
Ultima Online 2 erst kürzlich auch aus finanziellen Gründen eingestellt.
 
 
Fazit
 
 Sowohl die technische  Umsetzung als auch die nach längerem Anlauf vollends packende Story in  einer faszinierenden lebendigen Welt und die unglaubliche  Handlungsfreiheit, vereinen das Beste aus 
Deus Ex und 
Ultima IX Ascension und setzten noch einen drauf! Sämtliche Kritik prallt an diesem  Meisterwerk aus deutschen Landen fast vollständig ab und rechtfertigt  die 3 Jahre Entwicklungszeit. Einzige Wehrmutstropfen bleiben die hohen  Anforderungen an Mensch und Maschine. 
Kaum zu glauben!